Investment Institute
Die Sicht des Chefvolkswirts

Probleme mit der Leitung

  • 24 Oktober 2022 (7 Minuten Lesezeit)

  • Diese Woche wird die EZB vermutlich ihren Leitzins um 75 Basispunkte anheben. Deshalb stellt sich vor allem eine Frage: Wie wird die Zentralbank mit den überschüssigen Reserven umgehen? Die Antwort kann erhebliche Folgen für Fiskalpolitik und Finanzstabilität haben.
  • Nach dem Ausscheiden von Boris Johnson aus dem Rennen um die Führung von Partei und Regierung ist die Wende hin zu einer straffen Fiskalpolitik in Grossbritannien aus unserer Sicht unumkehrbar.

Wir gehen davon aus, dass sich die meisten unserer Leser in der Regel nicht viele Gedanken um die Leitungen in ihrem Haus machen, aber aus Erfahrung wissen wir auch, dass man kaum an etwas anderes denken kann, wenn es mal Probleme damit gibt. Das europäische Finanzproblem könnte jetzt ein solches „Leitungsproblem“ bekommen. Vermutlich geht es auf der Sitzung des EZB-Rats vor allem um eine weitere Leitzinserhöhung – wir rechnen mit 75 Basispunkten. Aber auch das drängende Problem der überschüssigen Reserven könnte ein Thema sein. Dies scheint zwar eine undurchsichtige technische Frage zu sein, ist aber wichtig. Schliesslich ist die Verzinsung dieser Reserven bei einem steigenden Einlagensatz mit erheblichen Kosten für die Zentralbank und letztlich auch für die Staatshaushalte verbunden. Und das in einer Zeit, in der die Regierungen immer weniger finanziellen Spielraum haben.

Was das für die Liquidität bedeutet, ist schwer zu sagen: Bei einer frühzeitigen Auflösung der TLTROs (eine der Möglichkeiten, überschüssige Reserven abzubauen) würde eine beträchtliche Menge an Anleihen auf den Markt geworfen, während zugleich die Sicherheiten knapp sind. Eine zu schnelle quantitative Straffung würde aber die bereits schwierigen Bedingungen auf dem Anleihemarkt noch verschärfen. Wir gehen davon aus, dass die EZB die ganz vorsichtige Variante wählt und ihre Entscheidung vertagt. Dennoch halten wir die enorm schnelle Straffung der Geldpolitik überall für bedenklich, weil dies unweigerlich die Finanzstabilität gefährden könnte.

Zuletzt hat Grossbritannien weltweit für Probleme gesorgt. Die Reaktion der Märkte darauf, dass verhältnismässig viele Parlamentsmitglieder am letzten Freitag bereit waren, die Rückkehr des früheren Premierministers Boris Johnson zu unterstützen, zeigt, dass die Investoren eine umsichtige konservative Finanzpolitik bevorzugen. Johnson hätte sie aber nur schwer repräsentieren können – selbst wenn er im Falle eines Wahlsiegs vermutlich Jeremy Hunt als Finanzminister behalten hätte.  Da Johnson seit Sonntagabend aus dem Rennen ist, spricht alles für einen finanzpolitischen Sparkurs, unabhängig davon, welcher der beiden verbleibenden Kandidaten (der jetzt klare Favorit Rishi Sunak oder Penny Mordaunt) gewinnen wird.  Beide waren Befürworter des Brexit, aber wir haben unsere Meinung von letzter Woche nicht geändert: Weil Grossbritannien nicht mehr so gut in der Lage ist, einen einsamen Wirtschaftskurs zu fahren, ist eine allmähliche Verbesserung der Beziehungen mit der EU jetzt der einzig gangbare Weg.

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