Eine faire COP: Ohne innovative, nachhaltige Unternehmen sind die globalen Biodiversitätsziele nicht zu erreichen

  • 06 März 2023 (5 Minuten Lesezeit)

Im Überblick:

  • Auf COP 15 haben 188 Länder eine nicht bindende Vereinbarung geschlossen1
  • Diese messbaren, zeitkritischen Zusagen wurden bereits in lokale Vorschriften umgesetzt.
  • Voraussetzung, um diese Ziele zu erreichen, ist das schnellere Wachstum von Unternehmen, die innovative, nachhaltige und effiziente Lösungen bieten.

Im Dezember 2022 fand die letzte UN-Biodiversitätskonferenz (COP 15) statt. Eines der wichtigsten Ergebnisse war, dass sich 188 Mitgliedsländer darauf verständigt haben, den Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework (GBF) anzuerkennen, auf explizite Ziele zur Verminderung des Artensterbens bis 2030 hinzuarbeiten und neue Ziele für die Zeit bis 2050 zu formulieren. Um echte Fortschritte zu machen, müssen die Umweltfolgen von Unternehmen und ihren Prozessen sinnvoll und umfassend beurteilt werden können. Wir halten die Anerkennung des GBF für einen wichtigen Schritt, um Unternehmen bei der Minderung ihrer Folgen für die Biodiversität zu unterstützen. Die ersten Schlagzeilen stellten in den Vordergrund, dass die Vereinbarung nicht bindend sei. Sie sei weniger entschlossen und nicht so weitreichend wie das Pariser Klimaabkommen aus dem Jahr 2015. Aber auf den zweiten Blick dürfte das Ergebnis der Biodiversitätskonferenz aus verschiedenen Gründen von grosser Bedeutung sein. Einer ist die stärkere Einbindung des privaten Sektors, die zu mehr Transparenz und einer engeren Abstimmung zwischen Unternehmen und Regierungen in grösserem Rahmen führt.2 Wichtig ist auch, dass Teile des GBF schon jetzt von lokalen Regierungen und Aufsichtsbehörden umgesetzt werden, beispielsweise von der EU. Sie macht vergleichbare Ziele auf Länderebene durchsetzbar, und die Stakeholder könnten überrascht sein, wie schnell entsprechende Gesetze in vielen europäischen Industrieländern erlassen werden.3

Welche Teile des GBF halten wir für besonders wirksam?

Eines der grösseren Ziele ist die sogenannte 30-bis-30-Anforderung, nach der 30% der Land- und Meeresflächen bis 2030 geschützt sein sollen. Das klingt zunächst sehr allgemein, steht aber für die Ankerkennung der Notwendigkeit, dieses Ziel in zahlreichen Bereichen umzusetzen, die der Biodiversität bislang sehr geschadet haben, darunter die Entwaldung, die vor allem für den Anbau von Nahrungsmitteln erfolgt.  In Branchen wie diesen wurden schon durch bereits bestehende Vorschriften Verbesserungen angestossen, beispielsweise durch Natura 2000, das viele Bereiche nennt, die von der EU und Grossbritannien als besonders wichtig für die Biodiversität und als schützenswert betrachtet werden.4

Das ist eine begrüssenswerte Entwicklung für unseren Planeten, aber zukunftsorientierte Investoren berücksichtigen möglicherweise auch aufkommende Risiken für Unternehmen, die nicht alles über die Landnutzung in ihrer Lieferkette wissen. Assets, die gemäss den aktuellen Vorschriften als wenig risikoreich und rentabel betrachtet werden, könnten irgendwann nutzlos werden. Das wachsende Bewusstsein für die Bedeutung der Artenvielfalt hat schon jetzt zur Einhaltung vergleichbar strenger Leitlinien geführt, und wir halten deshalb einige verantwortungsbewusste Unternehmen für interessant. Zwei Beispiele sind Stora Enso5 und UPM6 . Die beiden finnischen Papier-, Verpackungs- und Holzprodukteanbieter nutzen Rohstoffe aus eigenen Wäldern. Das steigert nicht nur ihre Glaubwürdigkeit in puncto Nachhaltigkeit, sondern sorgt auch dafür, dass sie ihre Lieferkette genau kennen. Das verschafft ihnen einen gewissen Wettbewerbsvorteil gegenüber Unternehmen, die ihre Rohstoffe aus anderen Regionen mit einer grossen Artenvielfalt beziehen, häufig aus Emerging Markets.

Ein weiteres Ziel von COP 15 ist die Zusage einer Verringerung des weltweiten Einsatzes von Pestiziden um 50% bis 2030.  Für Investoren ist das wichtig, weil die Nachfrage nach traditionellen Pestiziden bei strengeren Regulierungen sinken könnte, mit Folgen für ihre Hersteller. Wie stark sie ihre diesbezüglichen Risiken senken können, hängt vermutlich davon ab, inwieweit sie auf diese Nachfrageveränderung reagieren und in die Entwicklung von innovativen, weniger schädlichen Produkten investieren. Als Investor muss man das im Einzelnen analysieren. Ein Beispiel ist Corteva, ein führender Entwickler von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln, wobei auf Letzteres fast die Hälfte des Gesamtumsatzes entfällt.  Das Unternehmen kann zwar durchaus nutzbringend sein, weil es dazu beiträgt, die globalen Nahrungsmittelproduktionsziele zu erreichen, aber wir können den hohen Anteil, den seine extrem schädlichen Pestizide am Umsatz haben, nicht ignorieren. Deshalb kommt Corteva für unsere Biodiversitätsstrategie nicht infrage.7

Etwas komplexer ist das Risiko, das durch das Ziel entsteht, die durch Düngemittel verursachten Nährstoffverluste um 50% zu reduzieren. Sie können unterschiedliche Auslöser haben, darunter Wasserverschmutzung, den Abfluss überschüssiger Chemikalien und eine verantwortungsvolle Bodennutzung. Das Beispiel John Deere zeigt, wie durch Innovationen aus einem Risiko eine Chance werden kann. Die Nachfrage nach den Geräten für Präzisionslandwirtschaft des Landmaschinenherstellers ist deutlich gestiegen, befeuert durch den Russland-Ukraine-Krieg und dessen Auswirkungen auf die Rohstofflieferkette, beispielsweise für Kaliumkarbonat (Pottasche), das zu grossen Teilen aus Russland kommt. Es ist nicht schwer zu erkennen, dass eine solche effizientere Rohstoffnutzung, die der Umwelt weniger schadet, auch grossen Nutzen für die Bekämpfung des Artensterbens haben kann.5

Eine weitere Forderung des GBF ist eine Verringerung der Nahrungsmittelverschwendung um 50% pro Kopf bis 2030. Nahrungsmittelverschwendung ist ein in den letzten Jahren viel diskutiertes sowohl globales als auch lokales Problem, das schon zu veränderten Konsummustern geführt hat, sich aber meist um den einzelnen Verbraucher drehte.  Dieses Ziel wird den Druck auf jeden Einzelnen erhöhen, betrifft aber auch Regierungen und damit am Ende die Unternehmen. Um die 50% zu erreichen, muss der Nahrungsmittelkonsum effizienter werden, sowohl im Lebensmittelvertrieb als auch beim privaten Verbrauch. Hier gibt es Parallelen zur derzeitigen Energiekrise – ein weiteres globales Problem, das zu den furchtbaren menschlichen Verlusten aufgrund der weltpolitischen Unsicherheiten hinzukommt.  Wegen der steigenden Kosten und des knappen Angebots muss weltweit dringend Energie gespart werden, und dank der Reaktion von Unternehmen und Regierungen wurden im Winter 2022 zum Teil erstaunliche Erfolge erzielt.9 Das weckt Zuversicht, dass man auch bei der Nahrungsmittelproduktion ambitionierte Ziele erreichen kann.

Hier können Unternehmen wie TOMRA helfen, eine norwegisches Recyclingfirma, die sich auf sensorbasierte Technologien spezialisiert hat. Sie verfolgt einen doppelten Ansatz, der sich sowohl an Unternehmen als auch an Verbraucher richtet. Lebensmittelhersteller, Gross- und Einzelhändler können zur Abfallvermeidung beitragen, wenn sie hoch entwickelte Sortiermaschinen nutzen, sodass weniger Nahrungsmittel weggeworfen werden. TOMRA hat bereits 13.000 solcher Anlagen weltweit installiert.10 Auch Verbraucher können einen Beitrag leisten – indem sie recyclingfähige Verpackungen zu den Leergutsammelstellen von TOMRA zurückbringen, die in Supermärkten aufgestellt werden, und dafür Rabatte erhalten.

 Alles muss wachsen

Diese Ziele sind ein guter Anfang, aber wir alle, ob Investoren, Verbraucher, Regierungen oder politische Entscheider, dürfen uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Wir müssen die Ziele, unsere Fortschritte und deren Messung weiterhin im Auge behalten.  Zu den entsprechenden Kontrollen liegen bislang nur Entwürfe vor, aber bereits 2024 wird COP 16 stattfinden. Deshalb muss es hier bald vorangehen. Ausserdem müssen die Kontrollen so wirksam sein, dass bei den Zielen für 2030 nennenswerte Fortschritte erreicht werden. Schließlich liegen zwischen 2024 und 2030 nur sechs Jahre. Neue und bestehende Rahmenrichtlinien wie die Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD) und die Taskforce on Nature-related Financial Disclosures (TNFD) machen zu Recht zuversichtlich, aber die Dynamik muss in allen Bereichen anhalten, um die dringend erforderlichen angestrebten Verbesserungen zu erreichen.

Auch das umstrittene Konzept der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung (Common But Differentiated Responsibilities, CBDR) und die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Mitgliedstaaten inmitten einer schwierigen weltpolitischen Lage sowie die Frage, ob dies innerhalb des Rahmens verankert oder auf die Klimapolitik beschränkt werden sollte, müssen noch geklärt werden.11

Ebenfalls Grund zur Sorge gibt die Höhe der von den Ländern zugesagten Investitionen in die Bekämpfung des Artensterbens. Schätzungen zufolge werden für den Schutz der Biodiversität bis 2030 jährlich zwischen 598 bis 824 Milliarden US-Dollar benötigt, aber bislang ist erheblich weniger zugesagt. Ob die Zusagen erhöht werden können oder ob sich die Schätzung des benötigten Kapitals vielleicht als zu hoch erweist, weil effizienter investiert werden kann, bleibt abzuwarten.

Mehr Grund für Zuversicht gibt die Tatsache, dass das Umweltbewusstsein seit 2015 erheblich zugenommen hat. Zwar war das Pariser Abkommen für seine Unterzeichner bindend, aber dank des Drucks, der durch zunehmende Belege, das steigende Bewusstsein und Worst-Case-Szenarien für die Zukunft unseres Planeten, der globalen Gesellschaften und der Wirtschaft entsteht, ist das heute gar nicht mehr so entscheidend.  Die Landnutzung und ihre Folgen kommen in den Zielen von COP 15 immer wieder vor. Durch immer strengere Regulierungen entstehen für Unternehmen Chancen und Risiken. Jene, die sich jetzt anpassen, innovativ sind und sich verbessern und zugleich das wachsende Bewusstsein für den Wert des Naturkapitals berücksichtigen, werden langfristig zu den erfolgreichsten zählen.

Die gezeigten Unternehmen dienen nur zur Illustration. Stand 3. März 2023. Dieses Dokument ist kein Investmentresearch und keine Finanzanalyse im Zusammenhang mit Transaktionen von Finanzinstrumenten. Es ist auch kein Angebot, irgendeine Anlage oder ein Produkt zu kaufen oder eine Leistung in Anspruch zu nehmen. Auch darf es nicht als Aufforderung oder Anlage-, Rechts- oder Steuerberatung, als Empfehlung für eine Anlagestrategie oder als individuelle Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren betrachtet werden.

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