Investment Institute
Die Sicht des Chefvolkswirts

Londoner Lektionen

  • 03 Oktober 2022 (7 Minuten Lesezeit)

  • Die britische Regierung wird einen Preis zahlen müssen – und für die Bank of England ist die Lage nicht einfach.
  • Das britische Experiment zeigt, dass den Märkten die Geduld fehlt, um auf Konjunkturwunder durch eine Stärkung der Angebotsseite zu warten.
  • Wir glauben nicht, dass andere Notenbanken bei Liquiditätsklemmen ebenfalls zum Quantitative Easing zurückkehren. Die EZB wird den geplanten Beginn des Quantitative Tightening aber vielleicht noch einmal verschieben.

Die Bank of England hat der Regierung etwas Luft verschafft, damit sie noch einmal nachdenken kann. Dennoch dürfte die Volatilität hoch bleiben. Am liebsten möchte die Regierung die Ausgaben kürzen, um die angekündigten Steuersenkungen zu finanzieren. Aber der politische Preis wäre hoch. Alternativen wären eine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne oder aber eine Kehrtwende bei der Steuerpolitik – aber auch das wäre politisch heikel. Das Risiko ist hoch, dass die Bank of England auch noch nach dem 14. Oktober intervenieren muss. Das wäre ein weiterer Schritt in Richtung Dominanz der Fiskalpolitik. Die Notenbank musste aber handeln, da dem britischen Altersvorsorgemarkt eine systemische Krise drohte. Statt ebenfalls denkbarer Liquiditätshilfen für Pensionsfonds entschied sie sich dann für Anleihenkäufe. Jetzt befindet sich die Bank of England in einer schwierigen Lage: Sie verwischt die Grenzen zwischen Stabilisierung der Finanzmärkte und Geldpolitik.

Wir können aus dem britischen Experiment einiges lernen. Noch immer scheinen es die Märkte hinzunehmen, wenn Ad-hoc-Massnahmen gegen Energiepreisschocks zu höheren Staatsausgaben führen. Bei hohen dauerhaften Steuersenkungen scheinen sie aber weniger nachsichtig. Eine „angebotsorientierte Wirtschaftspolitik“ mit der Hoffnung auf mehr Wachstum wird nicht lange akzeptiert, wenn die Zinsen steigen. In unzähligen Kommentaren hiess es, die Massnahmen der Bank of England seien nur Vorboten dessen, was in anderen G7-Ländern geschehen wird. Wir sind uns da aber noch nicht so sicher. Natürlich kann es bei einem starken Renditeanstieg zu Stabilitätsproblemen kommen. Wer aber eine Neuauflage des Quantitative Easing für die richtige Lösung hält, übersieht den entscheidenden Punkt: den damit verbundenen Zielkonflikt. Reine Liquiditätshilfen könnten daher bevorzugt werden. Dennoch könnte das britische Experiment ein zu frühes Quantitative Tightening verhindern. Die spanische Zentralbank hat die EZB bereits gewarnt, wenn auch aus anderen Gründen. Aus unserer Sicht ist ein Beginn des Quantitative Tightening im Oktober unwahrscheinlicher geworden.

In den USA steht diese Woche der Arbeitsmarktbericht an. Lael Brainard, Vizechefin der Fed, hat schon vor dem Risiko gewarnt, dass die Fed „zu weit geht“ – aber das wird wohl erst später relevant.

Kompletten Artikel herunterladen (EN)
Kompletten Artikel herunterladen (EN) (491.61 KB)

Ähnliche Artikel

Die Sicht des Chefvolkswirts

Draghi trifft den Zeitgeist

Die Sicht des Chefvolkswirts

Zoom auf den Boom

Die Sicht des Chefvolkswirts

Grüße aus Davos

    Rechtliche Hinweise

    Die Informationen dieser Internetseite richten sich an Anleger mit Sitz in der Schweiz.

    Für die unberechtigte Nutzung der Internetseite übernimmt AXA Investment Managers Schweiz AG (AXA IM) keine Haftung.

    Diese Webseite dient ausschliesslich Werbe- und Informationszwecken. Die publizierten Informationen und Meinungsäusserungen werden ausschliesslich zum persönlichen Gebrauch bereitgestellt. Die in diesem Dokument von AXA IM zur Verfügung gestellten Informationen, Daten, Zahlen, Meinungen, Aussagen, Analysen, Prognose- und Simulationsdarstellungen, Konzepte sowie sonstigen Angaben beruhen auf unserem Sach- und Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Erstellung und können jederzeit und ohne vorherige Ankündigung geändert werden.

    AXA Investment Managers Schweiz AG übernimmt keine Gewährleistung (weder ausdrücklich noch stillschweigend) für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der publizierten Informationen und Meinungsäusserungen. AXA Investment Managers Schweiz AG ist insbesondere nicht verpflichtet, nicht mehr aktuelle Informationen zu entfernen bzw. diese ausdrücklich als solche zu kennzeichnen. Soweit die in diesem Dokument enthaltenen Daten von Dritten stammen, übernimmt AXA IM für die Richtigkeit, Vollständigkeit, Aktualität und Angemessenheit dieser Daten keine Gewähr, auch wenn nur solche Daten verwendet werden, die als zuverlässig erachtet werden.

    Die Angaben auf der Internetseite der AXA Investment Managers Schweiz AG stellen weder Entscheidungshilfen für wirtschaftliche, rechtliche, steuerliche oder andere Beratungsfragen dar, noch dürfen allein aufgrund dieser Angaben Anlage- oder sonstige Entscheidungen gefällt werden.  Vor jeder Investitionsentscheidung sollte eine ausführliche und an der Kundensituation ausgerichtete Beratung erfolgen.

    Die Wertentwicklung der Vergangenheit bietet keine Gewähr und ist kein Indikator für zukünftige Anlageergebnisse und/oder die zukünftige Wertentwicklung oder Rendite einer Anlage. Wert und Rendite einer Anlage können steigen oder fallen und werden nicht garantiert.

    AXA Investment Managers Schweiz AG